Mit 42 verabschiedet sich Torhüter Matthias Kohl beim HTV Sundwig/Westig
IKZ vom 10.05.2017: Hemer. Auf dem Plakat, das Familienmitglieder und Freunde auf der Tribüne des Grohe-Forums ausgerollt hatten, stand: „Nur Matze Kohl ist stärker im Tor als Chuck Norris“. Der amerikanische Action-Schauspieler verkörperte gern die Rolle des Unbesiegbaren, und so mag am letzten Samstag der Torwart des HTV Sundwig/Westig auch den Angreifern des Soester TV vorgekommen sein, die er mit Glanzparaden reihenweise zur Verzweiflung trieb.
Ein für Matthias Kohl bewegender Moment war da schon vorüber, denn vor dem Anpfiff wurde er offiziell verabschiedet. „Es waren tolle fünf Jahre beim HTV, und ein bisschen traurig bin ich schon“. Er kam 2012 aus Menden, weil er merkte, dass sich beim damaligen Landesligisten etwas bewegte, dass der Verein echte Ziele hatte. Damals gab es schon den Plan „Oberligaaufstieg“, der nach Anlaufschwierigkeiten auch souverän umgesetzt wurde und dem heute 42-Jährigen noch einmal Auftritte auf der großen Bühne bescherte.
Das große Comeback im Heimspiel gegen GevelsbergDamit, das hatte er früh angekündigt, sollte nach der Saison Schluss sein. Ende der Karriere, allenfalls Nothelfer beim HTV. Doch es kam anders. Der Nachbar aus Menden klopfte bei ihm an, beklagte seinen Torwartengpass bei der zweiten Mannschaft und stimmte den Ruheständler in spe um. In Hemer sorgte das für Irritationen, einige Verantwortliche zeigten sich verstimmt, dass Kohl ausgerechnet beim Rivalen noch ein Jahr dranhängen will. Doch der wirbt um Verständnis. „Dass ich noch enge Bindungen nach Menden habe, liegt doch auf der Hand, und wenn ich um Hilfe gebeten werde, sage ich nicht gleich nein“. Er gibt auch zu bedenken, dass es beim HTV keine Mannschaft gibt, die zu seinen künftigen Ambitionen passt. Der Aufwand für die Oberliga ist ihm zu hoch, die Kreisliga wenig reizvoll.
Diese Entwicklung, das räumt Matthias Kohl ein, konnte man vor einem halben Jahr noch nicht absehen. Beim HTV bildeten in aller Regel Patrick Huhn und Christopher Schumacher das Torhüter-Duo, der Routinier war die Nummer drei. „Mit den beiden gab es nie ein Problem, die sind absolut in Ordnung. Aber zum Ende der Hinrunde habe ich mich oft gefragt, ob mich der Trainer übersehen hat“, räumt der Routinier ein, der sich aber nie hängen ließ. Auf zwei wöchentliche Trainingseinheiten hatte man sich vor der Saison geeinigt, und die zog er konsequent durch.
Das Schlüsselerlebnis war dann das Spiel gegen Gevelsberg im März, als er seine Chance bekam und eine glänzende Leistung ablieferte. Danach war Kohl wieder die Nummer eins, er stand im für ihn so emotionsbeladenen Derby gegen Menden zwischen den Pfosten und feierte nun gegen Soest eine viel beklatschte Abschiedsvorstellung.
Wer ihn in den letzten Wochen erlebte, wird unweigerlich fragen, ob ihn künftig bei den Wölfen nicht doch die dritte Liga reizt. Matthias Kohl schließt das aus. „Ich werde nur einmal in der Woche mit der zweiten Mannschaft trainieren, und die Erste hat ja zwei Torhüter“. Gegen eine Aushilfe im Verletzungsfall würde er sich nicht sperren, aber neue (Handball-) Herausforderungen sucht er mit 42 definitiv nicht mehr.
Gefragt nach seinem Erfolgsgeheimnis für ein bemerkenswert hohes Leistungsniveau in diesem Alter kommt nur ein lapidares „es gibt keins“. Kohl hat stets mit Extra-Laufeinheiten etwas für seine Fitness getan, er war nie ernsthaft verletzt und führt seine starken Vorstellungen der letzten Wochen auch darauf zurück, dass der Kopf frei ist. „Seit für mich klar ist, wie das nächste Jahr aussehen soll, fühle ich mich befreit.“
(Quelle IKZ, Text: Willy Schweer)