Stefan Raab zurück im Hauptabend: RTL testet 15-Minuten-Show als Prime-Time-Turbo

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16 Sep
Stefan Raab zurück im Hauptabend: RTL testet 15-Minuten-Show als Prime-Time-Turbo

Ein tägliches 15-Minuten-Experiment zur besten Sendezeit

20:15 Uhr, und statt Krimi, Show oder Film startet erst mal: Raab. RTL setzt mit „Die Stefan Raab Show“ auf einen ungewöhnlichen Warm-up-Block im absoluten Kernslot des Abends. Montag bis Freitag bespielt der Entertainer ein kompaktes 15-Minuten-Fenster, danach rücken die großen Formate nach. Für einen Markt, der seit Jahrzehnten auf 20:15-Uhr-Starts getaktet ist, ist das ein Tabubruch – und genau deshalb spannend.

Der Ton ist sofort klar: direkt, verspielt, selbstironisch. „Jeden Abend, jeden verdammten Tag – mega, oder?“, teasert Stefan Raab das Versprechen, täglich zu liefern. Inhaltlich hält sich die Produktion bewusst offen: mal ein Mini-Quiz, mal ein Roast, mal ein absurd kurzer Wettbewerb, dann wieder komplett neue Spielchen. Diese Unberechenbarkeit ist sein Markenzeichen – und in 15 Minuten wirkt sie noch konzentrierter.

Produziert wird das Format von seiner eigenen Firma, wie so oft in seiner Laufbahn. Der Ansatz passt zur aktuellen Sehgewohnheit: kurze, griffige Einheiten, die schnell zünden und genauso schnell Platz machen für den Rest des Abends. Für RTL ist das ein Lead-in, der Aufmerksamkeit bündelt und das Publikum in Stimmung bringt – die Sendeplätze danach, darunter klassische Flaggschiffe wie Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“, rutschen entsprechend nach hinten.

Ein so kurzes Prime-Time-Format ist im deutschen Free-TV selten. Es ist mehr als ein Gag: RTL testet damit, ob sich Gewohnheiten verschieben lassen – weg vom starren 20:15-Ritual, hin zu einem Abenderöffner, der die Show danach quotenfest anfüttert. Das kann funktionieren, wenn die 15 Minuten jeden Tag ein Gesprächsthema erzeugen. Es kann aber auch scheitern, wenn das Publikum das Startsignal 20:15 allzu fest verinnerlicht hat.

Der Mann hinter dem Format: Karriere, Einfluss, Strategie

Der Mann hinter dem Format: Karriere, Einfluss, Strategie

Raab steht seit den 1990ern für TV, das sich selbst nicht zu ernst nimmt und trotzdem präzise gebaut ist. 1993 startete er bei VIVA mit „Vivasion“, 1999 folgte der Wechsel zu ProSieben. Von dort aus prägte er mit seiner Firma RaabTV eine ganze Ära: „TV total“ (1999–2015) wurde zum Dauerbrenner, dazu kamen groß gedachte Live-Events wie „Schlag den Raab“, „Schlag den Star“, der „Bundesvision Song Contest“, die „Wok-WM“ oder die „Stock Car Crash Challenge“. Kaum ein anderer Entertainer hat deutsche Unterhaltung so stark in Richtung Event, Tüftelei und Do-it-yourself-Show weitergedreht.

Auch beim Eurovision Song Contest hinterließ er Spuren. Zwischen 1998 und 2012 war er mehrfach als Ideengeber und Produzent beteiligt, meist mit deutlicher Handschrift. Das prominenteste Kapitel: Lena Meyer-Landrut, die 2010 in Oslo gewann – nach einem Vorentscheid, den Raab mitentwickelt hatte. 2025 ist er wieder in die ESC-Maschinerie eingebunden, dieses Mal nicht als Rampensau, sondern als treibende Kraft hinter den Kulissen.

Nach dem Ausstieg aus der täglichen TV-Präsenz blieb er lange unsichtbar – aus freien Stücken. 2024 folgte das Comeback bei RTL mit der Quizshow „Du gewinnst hier nicht die Million“, die bis Juni 2025 lief. „Die Stefan Raab Show“ ist jetzt die nächste Stufe: kleiner, dichter, täglicher. Und bemerkenswert, weil der langjährige ProSieben-Mann nun ausgerechnet das RTL-Abendprogramm einläutet.

Was ist in 15 Minuten drin? Viel mehr, als man denkt – wenn die Taktung stimmt. Ein kurzer Monolog, ein Spielzug, ein Einspieler, ein Gast – fertig. Kein Leerlauf, kein offenes Ende. Die Show braucht – und nutzt – Tempo. Sie kann spontan sein und trotzdem vorbereitet wirken. Und sie ist modular: Der Sender kann schnell Clips für Social Media schneiden, ohne den Charme des Moments zu verlieren. Für eine Zielgruppe, die nebenbei aufs Handy schielt, ist das ein Vorteil.

Programmstrategisch ist die Show ein Hebel. Ein starker, wiederkehrender Auftakt kann das Publikum bündeln, bevor es zu den großen Formaten geht. Gleichzeitig ist die Wette riskant: Wer um 20:15 einen Spielfilm oder eine Show erwartet, könnte wegzappen, wenn er erst um 20:30 startet. RTL nimmt die Gegenwette an – mit der Marke Raab als Schutzschild. Der Name zieht Neugier, Nostalgie und die Hoffnung, dass auch im Jahr 2025 noch TV-Momente entstehen, über die man am nächsten Tag spricht.

Die Kürze zwingt zu klaren Ideen. Raab war nie ein Mann für lange Erklärungen; seine besten Momente lebten von überraschenden Brüche, schnellen Pointen, schrägen Wettbewerben. Genau das lässt sich in diesem Format verdichten. Ein Promi-Roast in drei Minuten. Ein Spiel, das nur aus einem einzigen Versuch besteht. Ein Gimmick, das später in der großen RTL-Show aufgegriffen wird. Wenn es gelingt, baut die 15-Minuten-Show jeden Abend eine kleine Erzählung, die in den Rest der Primetime hineinragt.

Und die Konkurrenz? ARD, ZDF und die Privaten setzen zur gleichen Zeit meist auf den klassischen 20:15-Start. Wer hier von der Norm abweicht, fällt auf – im Guten wie im Schlechten. Für RTL könnte der Effekt gleich doppelt sein: stärkere Markenbildung am Abend und mehr Flexibilität, wenn kurzfristig Programmwechsel nötig sind. Sollte das Experiment aufgehen, dürfte das Modell Schule machen – erst bei Sondersendungen, dann vielleicht als fester Baustein in mehreren Wochentagen.

Viel steht und fällt mit der Konstanz. Täglich heißt: liefern, auch wenn nichts los ist. Raab hat in seiner Karriere oft bewiesen, dass er aus wenig viel machen kann. Die 15-Minuten-Schablone verstärkt das – sie verzeiht keine Schwäche, belohnt aber jede gute Idee. Für die Zuschauer ist das komfortabel: ein schneller Happen, der Lust auf mehr macht. Für den Sender ist es eine Wette auf Gewohnheit: Wer um 20:15 einschaltet, bleibt bestenfalls bis in die Nacht.

Dass RTL dafür das bewährte Raster umstellt und Formate wie „Wer wird Millionär?“ später platziert, zeigt, wie wichtig dieser Versuch ist. Es ist die Kombination aus vertrauter Marke und neuem Takt, die ihn trägt. Wenn sie funktioniert, kann „Die Stefan Raab Show“ weit mehr sein als ein Einstieg – nämlich ein täglicher Anker, der das Programm davor und danach stabilisiert.

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